Samarkand hat neben dem Registan so viele historische Sehenswürdigkeiten, dass wir wohl später bei Sichtung der Bilder Mühe haben werden, die abgebildete blaue Kuppel oder verzierte Fasssade dem richtigen Bauwerk zuordnen zu können. Es ist ein wahrer Schatz der Menschheitsgeschichte. Ich versuche mich nachfolgend an einer Einordnung. Der besseren Lesbarkeit wegen habe ich die zugehörigen Fotos ganz ans Ende gestellt.
Timurs Grabstätte
Als Kinder haben wir gerne Timur und sein Trupp gespielt, angelehnt an das sowjetische Kinderbuch von Arkadi Gaidar. Mit dem historischen Timur hat diese Geschichte natürlich nichts zu tun, aber dass der Jungenname Timur in ganz Zentralasien sehr beliebt ist, zeugt von der andauernden Popularität des großen Herrschers. Amir Timur heiratete in die Familie der Nachfahren Dschingis Khans ein und erstrebte die Wiederherstellung des großen Mongolenreichs. Mit Brutalität und Tyrannei erschuf er ein Großreich und begründete die Dynastie der Timuriden. Seinen Beinamen Timur Lang (Timur der Lahme) erhielt er durch eine Verwachsung im Knie, welche eine Lähmung des rechten Beins nach sich zog. Außerdem war die rechte Schulter verwachsen und die Beweglichkeit seiner rechten Hand war durch einen Pfeilschuss eingeschränkt. Besonders gut gesehen haben soll er am Ende auch nicht mehr. Sein Leben war geprägt durch unzählige Kriegszüge. 1398 eroberte er Delhi, 1401 Damaskus und Bagdad. Er zerschlug das Mongolenreich endgültig und besiegte das osmanische Heer bei Ankara, was ihn in Europa berühmt machte. Timur förderte aber auch Kultur und Wissenschaft. Wenngleich sein Reich infolge Erbfolgestreitigkeiten alsbald zerfiel, begründete er eine Blütephase islamischer Wissenschaft und Architektur. Das Mausoleum Gur-e Amir wurde noch zu Timurs Zeiten erbaut, ursprünglich als Mausoleum für Timurs Lieblingsenkel, welcher in der Schlacht bei Ankara fiel. Es wurde nach Timurs Tod zu seiner eigenen Grabstätte und gilt als eines der bedeutendsten Architekturdenkmäler dieser Zeit. In dessen Mitte steht der Sarkophag Amir Timurs unter einer goldenen Kuppel.
Bibi-Chanum-Moschee
Die von 1399 bis 1404 auf Befehl Timurs erbaute Moschee galt lange als größte und prächtigste Moschee der islamischen Welt. Ihr Name geht auf eine Liebesgeschichte zurück, die sich um die Lieblingsfrau Timurs, Bibi Chanum, dreht. Als Timur auf Feldzug war, leitete dessen Frau die Bauarbeiten. Der Baumeister kam nicht schnell genug voran und begründetet dies mit seiner Liebe zu Bibi Chanum. Er könne sich deshalb nicht auf den Bau konzentrieren. Timurs Frau erklärte dem Baumeister, dass eine Beziehung zu ihm unmöglich sei. Mit seinem Versprechen, den Bau zügig fortzusetzen, gewährte sie ihm jedoch einen Kuss auf ihre Wange. Der Kuss brannte sich als sichtbares Mal in die Wange und Timur erkannte die scheinbare Untreue nach seiner Rückkehr. Er wies an, Bibi Chanum vom Haupttor der Moschee zu stoßen. Sie bat darum, ihre Lieblingskleider tragen zu dürfen und schwebte in all ihren Seidenkleidern unverletzt zu Boden. Timur verzieh seiner Frau ob ihrer Klugheit und sie lebten glücklich bis zum Ende ihrer Tage.
Das Observatorium von Ulug Bek
Der berühmte Mathematiker und Astronom Ulug Bek ist einer der Enkel Timurs. Ulug Beks Eltern holten einen berühmten Wissenschaftler aus Persien an ihren Hof und ließen ihren Sohn von ihm unterrichten. Schon bald übertraf er seinen Lehrer. Er ließ ein großes Observatorium als dreistöckigen Rundbau mit 46m Durchmesser und 30m Höhe erbauen. Darin installierte er einen Sextanten mit einem Radius von 36 Metern. Mithilfe dieses Sextanten und weiterer Instrumente konnte er die Dauer eines Jahres mit einer Abweichung von 58 Sekunden zum heutigen Wert bestimmen. Außerdem stellte er einen Sternenkatalog mit Positionsangaben zu etwa 1.000 Sternen zusammen. Weitere astronomische und mathematische Arbeiten machten ihn berühmt. Ulug Bek lies die erste Medrese am Registan erbauen, als Lehrort für Wissenschaft, Literatur und Religion. Zu Lebzeiten unterrichtete er selbst an diesem Ort. Sein wissenschaftliches Streben, welches sich in folgendem Zitat niederschlägt, wurde ihm zum Verhängnis: "Die Religionen zerstreuen sich wie Nebel, die Zarenreiche zerstören sich von selbst, aber die Arbeiten des Gelehrten bleiben für alle Zeiten. Das Streben nach Wissen ist die Pflicht eines jeden!". Die Geistlichkeit wiegelte auf und stürzte Ulug Bek mithilfe seines Sohnes. Er wurde auf Pilgerreise geschickt, unterwegs jedoch festgenommen und hingerichtet. Sein Observatorium wurde umgehend zerstört, diente aber als Vorbild für Folgebauten im osmanischen Reich und in Indien. Ein kleiner Teil des riesigen Sextanten konnte Anfang des 20. Jahrhunderts ausgegraben werden.
Shahi-Zinda-Ensemble
An diesem Ort befinden sich 44 Mausoleen von Adligen der Timuriden. Die Gebäude datieren vom 9. bis zum 19. Jahrhundert. Das Ensemble ist eine der bekanntesten Nekropolen Zentralasiens. Shahi-Zinda (auch Schohizinda) bedeutet übersetzt "Der lebende Herrscher". Der Legende nach liegt hier der Cousin Mohammeds begraben, der im 7. Jahrhundert den Islam nach Samarkand brachte. Für seinen festen Glauben wurde er geköpft, nahm jedoch nach der Hinrichtung seinen Kopf unter den Arm, verfluchte die Ungläubigen, sprang in die Tiefe eines Brunnens und verschwand in den Paradiesgärten. Dort lebt er noch heute.
Der Tiger ist das Wappentier Samarkands |
Fotos zu Timurs Grabstätte:
Timurs Sarkophag |
Fotos zur Bibi-Chanum-Moschee:
Fotos zum Shahi-Zinda-Ensemble:
Weiterer Beiname von Timur: Schlächter des Orients...
AntwortenLöschenEine sehr beeindruckende Architektur.
AntwortenLöschenLG die Limburger
Die Geschichte ist wahrlich beeindruckend! Und dann die Bilder dazu... Das sind wahre Schätze der Geschichte. Sehr traurig um Ulug Bek, dass ein so interessierter Mensch sogar vom eigenen Sohn hintergangen wird. Aber ja...Familien hohen Ranges hatten das schon immer an sich. Großartige Bilder auf alle Fälle!!
AntwortenLöschenLG, Helene :)