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Samstag, 7. Januar 2017

Auf dem Tonle Sap

Gestern waren wir den ganzen Tag mit einem Boot unterwegs und haben so die Strecke von Siem Reap zu unserem neuen Ziel Battambang zurückgelegt. Das Boot war nicht mehr das jüngste und hatte gelegentlich Motoraussetzer. Zwischendurch rauchte es mächtig aus dem Heck heraus und es stank nach Gummi. Gott sei Dank war es nur der Keilriemen. Das ließ sich leicht reparieren. Das letzte Drittel der Fahrt mussten wir trotzdem ganz langsam fahren, um den Motor zu schonen. Außerdem war der Sprit fast alle. Gangschaltung, Kupplung und Lenkung waren eine persönliche Konstruktion des Kapitäns. Ein Wunder der Technik.
Anfangs ging es auf schmalen Kanälen durch überflutete Sumpfwälder. Nach etwa einer halben Stunde erreichten wir offenes Gewässer. Tonle Sap heißt übersetzt "Großer See" und diese Größe beeindruckt mit Wasser bis zum Horizont.

Der größte See Südostasiens ist zugleich das fischreichste Gewässer der Welt. Bis zu 8 Tonnen Fisch werden hier jährlich je km² Fläche gefangen, und das nur per Hand mit Reußen, Netzen, Angeln und weiteren seltsam anmutenden Apparaten. Das Wasser brodelt regelrecht und wir sahen überall kleine Fische, die aus dem Wasser sprangen, als wöllten sie fliegen lernen. Wegen seines Fischreichtums ist der See ein Paradies für über 30 Vogelarten, die sich von Fisch ernähren. Wir sahen viele Reiher, Kormorane und auch Pelikane.

Die Fläche des Sees vergrößert sich in der Regenzeit um das Zehnfache. Ganze Wälder stehen dann bis zu den Kronen unter Wasser. An vertrockneten Wasserhyazinthen, die in den Baumkronen hängen, kann man den Wasserstand erahnen.
Während so die Zuflüsse des Sees in der Regenzeit zu breiten Strömen werden, sind sie gegen Ende der Trockenzeit nicht mehr beschiffbar und z.T. komplett ausgetrocknet. Das erfordert von den am See lebenden Menschen ein hohes Maß an Flexibilität. Die Häuser werden zumeist als schwimmende Konstruktionen auf Bambusstangen und/oder leeren Fässern errichtet. Dazu besitzt jede Familie ein Boot, mit dem das Haus an eine andere Stelle gezogen werden kann, falls dies Wasserstand und Witterung erfordern. An einigen schwimmenden Dörfern sind wir vorbeigefahren, haben eine kleine Manufaktur besucht, die Körbe und Taschen aus getrockneten Wasserhyazinthen fertigt und sogar eine schwimmende katholische Kirche gesehen.
Nach der Querung des Sees ging es flussaufwärts auf dem Sangker-Fluss in Richtung Battambang weiter. Der Flusspegel ist bereits erheblich gesunken und die Trockenzeit dauert noch bis Mitte April. Das sinkende Wasser macht ein großes Problem aller Länder dieser Region sichtbar: die Vermüllung mit Plastikabfällen. Früher bestanden alle Verpackungen aus Bananenblättern, Palmblättern oder Lotusblüten. Das konnte man wegwerfen und nach wenigen Tagen oder Wochen war alles verrottet. Das Wegwerfen ist geblieben, nur die Verpackungen haben sich geändert. Es gibt weder eine funktionierende Abfallwirtschaft noch ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Mit Kopfschütteln und Entsetzen haben wir den Anblick zugemüllter Straßenränder und Gewässer allerorten wahrgenommen.
Wenigstens hatte einer mit dem Müllsammeln begonnen:
Krönender Abschluss unserer Bootsfahrt waren unsere Anlegestelle und der Ausstieg. Anlegestege, wie wir sie kennen, sind hier unüblich. Man fährt einfach mit dem Bug voran ans Ufer und steigt über die Spitze aus. Unglücklicherweise landeten wir unterhalb eines Fischmarktes mit Schwerpunkt auf die Fermentierung. Dunkle übelriechende Rinnsale ergossen sich in den Fluss. Wir mussten mit tänzelnden Bewegungen, unsere 20kg-Koffer auf dem Buckel, die Böschung erklimmen, immer darauf achtend, nicht in die stinkende Brühe zu treten, was nahezu unmöglich war. Ich war zu beschäftigt mit mir, um Fotos machen zu können, deshalb müsst Ihr mir an dieser Stelle einfach glauben. Den Geruch hätte ich ja doch nicht einfangen können. Während der folgenden Busfahrt zum Hotel blieb der stechende Geruch in der Nase haften und der erste Weg im Hotelzimmer führte schnurstracks zur Dusche.

1 Kommentar:

  1. Wahnsinn mit dem Müll. Den gesammelten Dosen nach zu urteilen, gibt es aber schon ein Dosenpfandsystem? Das Boot (der Leitstand) ist der Hammer. Ich hätte da glaub ich auch die Augen zu gemacht.

    LG die Limburger

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