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Montag, 28. Dezember 2020

Traum und Wirklichkeit

SANSIBAR – ein Name wie ein Versprechen. Die Insel der Träume ist in Wirklichkeit ein Archipel und besteht aus mehreren Inseln. Wir haben uns auf der Hauptinsel Unguja einquartiert. Bereits die alten Griechen trieben Handel mit Sansibar und die Perser und Araber brachten Gewürzpflanzen auf die Inseln. Der Sultan von Sansibar betrieb regen Handel mit Europa, so auch mit Deutschland und Österreich-Ungarn. Wie würde wohl ein Lebkuchen ohne Gewürznelken und Kardamom oder ein Apfelstrudel ohne Zimt schmecken? Doch es gibt auch eine dunkle Seite. Seinen wahren Reichtum verdankte das Sultanat dem Sklavenhandel, der selbst nach offizieller Abschaffung durch die Briten im Jahr 1873 im Verborgenen weiter betrieben wurde. Um 1845 war Sansibar der größte Sklavenmarkt der Welt. Bis zu 50.000 Sklaven wurden jährlich in Stone Town, der Hauptstadt Sansibars, „umgesetzt“. Die Blütezeit des Sultanats endete mit der Kolonialisierung durch die Europäer. Nachdem Sansibar 1885 ins Deutsche Reich eingegliedert wurde, gab man es fünf Jahre später an Großbritannien ab. Im Gegenzug behielt Deutschland das tansanische Festland und bekam die bis dahin britische Insel Helgoland dazu. Die Vereinbarung ist als Helgoland-Sansibar-Vertrag in die Geschichte eingegangen. Ein kurzes Aufbäumen gegen die nunmehr britischen Herrscher endete für die Sansibari mit einer Niederlage im kürzesten Krieg der Weltgeschichte. 36 Minuten nach Kriegsbeginn folgte die Kapitulation des Sultans.

Ganz unproblematisch ist das Verhältnis zwischen Festland-Tansania und Sansibar bis heute nicht. Die Inselgruppe genießt einen halbautonomen Sonderstatus, wählt einen eigenen Präsidenten und ein eigenes Parlament. Immer wieder dringt der Ruf nach vollständiger Unabhängigkeit des stark muslimisch geprägten Sansibars in die öffentliche Diskussion und Separatisten haben Zulauf.

Auf den unbedarften Besucher wirkt Sansibar wie eine Medaille mit zwei Seiten. Traumhafte Strandmotive, belebte Gassen in Stone Town und freundliche Menschen in arabischen Gewändern wechseln mit dem Anblick trostloser Behausungen, penetranten Flycatchern (wenig schmeichelhafte Bezeichnung für Männer, die unaufgefordert Touristen irgendetwas aufschwatzen wollen) und Straßen voller russischer Touristen. Für den Charme einer DDR-Konsumgasstätte werden Preise wie auf Sylt abgerufen. Die älteren Leser unter Euch können diesen Vergleich sicher einordnen. Im Resort wird der Strom zweimal am Tag für zwei bis drei Stunden abgeschaltet, Internet kostet extra (10 $ pro Tag), funktioniert aber nur zur Hälfte der Zeit. Für Badetücher wird ein Coupon benötigt, den es nicht gibt, weil alle Coupons vergeben sind. Von außen eingebrachte Getränke werden mit 20 $ Strafe belegt. Die Russen um einen herum machen es auch nicht einfacher. 
Und dann ist da dieser Blick von der Bungalow-Veranda über den Palmenstrand auf den türkisblauen Indischen Ozean, der für vieles entschädigt. Trotz aller Widrigkeiten stellt sich ein Gefühl der Zufriedenheit ein.








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