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Donnerstag, 3. Oktober 2024

Schönheit und Zerfall

Wir fuhren heute mit Metro und Straßenbahn in ein etwas abseits des Zentrums liegendes Viertel. Vom berühmten Taksim-Platz startend, befand sich unsere Ausstiegsstation in der Mitte einer eigens für die Metro gebauten Brücke über dem Wasser des Goldenen Horns. Recht ungewöhnlich für eine Untergrundbahn, zumal der Anschluss an Bahn und Bus auf beiden Uferseiten einen ordentlichen Fußweg bedeutet.

Das Viertel Balat ist berühmt für seine farbenfrohen Häuserfassaden, Synagogen und orthodoxen Kirchen. Früher lebten hier hauptsächlich Juden, Griechen und Orthodoxe aus dem Balkan. Die meisten Juden sind nach der Gründung des Staates Israel ausgewandert und seit den 1970er Jahren siedeln sich zunehmend Türken, Kurden und Roma aus Anatolien an, die nun das Straßenbild prägen. Darunter mischen sich zahlreiche Touristen, weil das Viertel für seine kleinen Kneipen, Bäckereien und Shops bekannt ist. Die bunten Fassaden täuschen darüber hinweg, dass jedes zweite Haus renovierungsbedürftig scheint, einigen gar der Einsturz droht. An zahlreichen Häusern hängt das Schild satılık (zu verkaufen). Nach einer Kaffeepause und dem Besuch einer alten orthodoxen Kirche machten wir uns auf den Rückweg in unser Viertel. Man hats mal gesehen.

Auffällig sind die vielen Katzen im Straßenbild. Auf Schritt und Tritt schlendern sie einem um die Beine herum. Dabei sehen sie sehr gepflegt und gut genährt aus. Überall sieht man Katzenfutter und Trinknäpfe am Straßenrand. Etwa 150.000 wilde Katzen soll es in Istanbul geben. Sie gehören seit Jahrhunderten zum Stadtbild. Katzen sind eng mit dem islamischen Glauben verbunden, denn der Legende nach rettete die Katze Mohammeds dem Propheten das Leben, als sie ihn vor dem Schlangenbiss einer giftigen Natter bewahrte. Mohammed streichelte ihr voller Dankbarkeit über den Rücken – seither fällt keine Katze mehr auf den Rücken, sondern immer auf die Pfoten. 

Die Katze des Propheten hieß übrigens Muezza (Muʿizza). Das klinkt doch sehr nach Mieze, wie wir unsere Katze rufen. Zufall? 








1 Kommentar:

  1. Oh, ja, jetzt macht ihr Istambul unsicher, eine tolle unruhige Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Wir waren vor vielen Jahren mal dort, kann mich noch gut erinnern, sehr hektisch. Schaut euch viel an und genießt die Zeit. L. G.

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