Mangels Wäldern wird in Usbekistan überwiegend Pappelholz als Bauholz verwendet. Pappeln sind anspruchslos, wachsen schnell und lassen sich leicht verarbeiten. Die hiesigen Dachstühle haben mit ihren aufgeschraubten Wellblechen wenig zu tragen.
Bei der Geburt eines Kindes ist es üblich, einen finanziellen Grundstein für den neuen Erdenbürger zu legen. Ist es ein Junge, werden 40 Pappeln gepflanzt. Die 40 ist hier eine Glückszahl. Ist der Junge erwachsen, sind die Bäume groß genug, um als Bauholz fürs eigene Haus zu dienen oder um das Holz verkaufen zu können. In den Städten haben wenige Leute eigenes Land für die Pflanzung. Dann weist der Staat eine Fläche zu. So sind die meisten Straßen von Pappelreihen à 40 Stück gesäumt. Bei der Geburt eines Mädchens wird eine Schmuckschatulle angelegt und von der Verwandtschaft mit Erbstücken gefüllt. Zur Hochzeit ist das die Aussteuer.
Ein barbarischer Brauch wird zumindest teilweise noch immer gepflegt. Wir sahen Händler für Kinderwiegen und eigenartiges Zubehör. Die Wiegen haben mittig im Boden ein Loch. Dazu gibt es zwei Arten von Holzpfeifen, deren Zweck uns erläutert wurde. Die Babys werden rücklings in die Wiege gelegt und mit Stoffriemen festgeschnallt. Der Popo wird über dem Loch positioniert und eine abwaschbare Kunststoffplane mit Loch dazwischen gelegt. Für das kleine Geschäft dienen die Holzpfeifen in einer weiblichen und einer männlichen Ausführung. Diese werden angestöpselt mit dem Ablauf Richtung Loch. Unter der Wiege steht ein Nachttopf, der alles auffängt. Man kann sich die Tortur für die Kleinkinder vorstellen. Weil die Schädelknochen in diesem Alter noch weich sind, verformt sich der Kopf durch die andauernde Rückenlage. Noch heute sieht man deshalb viele Usbeken, vor allem ältere, mit flachem Hinterkopf.
Eine weitere Unsitte konnten wir auf den zahlreichen Baumwollfeldern beobachten. Um die begehrten Samenhaare der Früchte leichter pflücken zu können, werden die Felder ein paar Tage vor der Ernte mit Pestiziden besprüht, damit die Blätter vergilben und abfallen. In diese verseuchten Felder gehen dann die Frauen, um mit den Händen in gebückter Haltung die Wollbüschel zu pflücken. Das Gift schädigt nicht nur die Erntenden, sondern gelangt über die Baumwolle in unsere Kleidung und den gesamten Kreislauf. Langsam findet ein Umdenken statt. Kleinere Betriebe setzen auf Bioware und verzichten auf die chemische Keule.
Ein Hindernis in der Entwicklung des Landes ist die weit verbreitete Korruption. In einem Staat, wo sich Polizisten schmieren lassen, um keinen Strafzettel auszustellen, wo eine deutsche Baufirma den Autobahnbau abbricht, weil Baustoffe, Werkzeuge und Maschinen in Größenordnungen verschwinden, wo jegliches Geschäft durch drei, vier Hände läuft, da kann es nicht wirklich vorwärts gehen. Zumindest laviert Usbekistan politisch geschickt mit den Supermächten, macht Geschäfte mit Russland, China, Indien und dem Westen gleichermaßen und lässt sich dabei auf keine Seite ziehen.
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